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Mittwoch, 30. Juli 2008

Verkannter Genius: Ulrich von Hütten

Der Philosoph und Heimatforscher Ulrich von Hütten ist ein zu unrecht Vergessener. Er gilt unter anderem als Begründer der Omnipräsenz, als Entdecker der Videotexttaste an TV-Fernbedienungen und als Mitentwickler von Diafilmen.

Als neuntes von acht Kindern kam Ulli in einer Schönfließer Bergbauernfamilie zur Welt und wuchs in verhältnismäßiger Bescheidenheit auf. Um sich ein Philosophiestudium zu finanzieren, kündigte er ein Engagement bei den Freimaurern und nahm eine bezahlte Stelle als Hausmeister im neu eröffneten Kindergarten II an. Aus dieser Zeit stammt auch sein zum geflügten Wort erhobener Ausruf "Kinder! Müsst ihr denn immer spielen?"

In seiner Tätigkeit als Hausmeister sollte ihm das Schicksal schon bald zu einem bedeutenden Fund verhelfen. Bei Grabungsarbeiten im Kohlenkeller stürzte eine Mauer ein und gab den Blick auf ältere bauliche Reste frei. Ulrich von Hütten konnte in seiner Magisterarbeit zweifelsfrei nachweisen, dass es sich hierbei um mittelalterliche Siedlungsstrukturen der Stalinstadt handelte. Mit seiner Promotion "Ich und die Eisenhüttenstadt" etablierte er die Ehstetik als neue Teildisziplin der aufkommenden Hinz- und Kunzgeschichte.

Im Jahr 1946 habilitierte er mit einer Arbeit über die Notwendigkeit der Existenz einer Lehre der Bedeutungslosigkeit, die er Semidiotik nannte. Bereits 1943 war ihm durch Anomalien im Symmetrieverhalten der Semantik die Idee zu einer Grundlegung der Semidiotik gekommen, doch galt dies zu Zeiten des Nationalsozialismus als politischer Sprengstoff. Darüber gibt vor allem seine Korrespondenz mit dem Rotterdamer Posthumanisten T. O. Door (darf nicht mit dem Amsterdamer Postboten T. O. Bald verwechselt werden) Auskunft, die nahezu komplett auf Tesafilm erhalten ist.

Großes Aufsehen erregte seinerzeit die Hochzeit mit den Lee- Zwillingen, denn 1948 hatte er die siamesischen Zwillinge Pooh Lee Gami und Dub Lee Kati geehelicht. Hierdurch wurde er zum Vorreiter des Toleranzgedankens. Auch propagierte er als erster in der DDR das Konzept der freien Liebe: "Warum für Sex bezahlen, wenn man ihn gratis haben kann?"

Bedeutend ist auch sein Beitrag zur Neukodierung der Fäkalsprache. So ersetzte beispielsweise seine Wortschöpfung "Stuhlgang" die damals gängige Formulierung "Abkacken", die mittlerweile eine neue Bedeutung erlangt hat. Sein Alternativvorschlag "Kloalette" für "Scheißhaus" konnte sich hingegen nicht durchsetzen.

Umstritten war bis zuletzt sein 550 Seiten umfassender Essay "Reichtum macht nicht glücklich", welchen er als Wurfsendung zeitgleich über Berlin-Dahlem und Baden-Baden abwerfen ließ, woraufhin zwei Neureiche mit Kopfschmerzen in Kliniken eingeliefert werden mussten. Die Kernfrage seiner Thesen lautete: "Wenn man Geld nicht essen kann, wovon leben dann Multimillionäre?" Sein damaliger Kollege, der angesehene Professor für Früh- und Spätgeschichte Heimar Frauenplan, staunt noch heute: "Auf diese Fragestellung muss man erstmal kommen!"

Zum Ende seines Lebens wurde es dann ruhiger um seine wissenschaftliche Karriere. Statt dessen tat er sich in seinen Sechzigern und Siebzigern als geistreicher Verfasser von unzähligen Aphorismen und Kalauern hervor. Aus seinem Ouevre bedienten sich immer mal wieder so bekannte Nachkriegshumoristen wie Robert Gernhardt, Karl Valentin und Wilhelm Busch.

Im dankbaren Alter von 81 Jahren starb Ulrich von Hütten an Herzversagen und hinterließ eine vierköpfige Familie samt zweiköpfiger Ehefrau. 1993 gab es Bestrebungen, ihn posthum zum Ehrenbürger von Eisenhüttenstadt zu ernennen. Das Vorhaben scheiterte jedoch in der Stadtverordnetenversammlung an Nichtbeachtung. Diese Vorgehensweise ist immer mal wieder Anlass für obskure Verschwörungstheorien in der Bürgerschaft. Die einen geben den anderen die Schuld, die anderen tun dies ebenso.

Am 31. Juli 2008 wäre der genialste Denker der Stadt einhundert Jahre alt geworden, wenn er denn noch leben würde. Das Logbuch Stahlinstadt hält die Erinnerung an diese Geistesgröße lebendig und benennt einen Eintrag nach ihm.

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