Ein Gedicht von Rote Welle
Licht, was nicht brennt.
Alles um mich herum dunkel.
Hoffnungslos das Leben,
sinnlos der Tod.
Leben ohne Gnade im Gefängnis der Welt.
Macht, dies zu ändern?
Mut zu entfliehen?
Weißbischwarzkontrast zu allem.
Ohne Ausweg, ohne Ziel.
Bekenntnis ist Macht,
Macht ist Bekenntnis.
Der Macht der Welt zu entfliehen ist schwer.
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Den einen holt die Geschichte ein, den anderen die Gedichte. Es gab eine Zeit, da war euer ergebener Erzähler Andi Leser der Editor einer berühmt-berüchtigten Stadtjugendzeitung namens ZIELSCHEIBE, laut Impressum: "Erdacht, gemacht und belacht in Eisenhüttenstadt."
Mein Job war es, die Texte begabter Jungautoren zu editieren und in besagter Zeitung zu publicieren. Da die Zielscheibe berühmt-berüchtigt war (Wir hatten sogar ein Verfahren wegen angeblicher Pornografie und Gewaltverherrlichung am Hals; Dank nochmals an Dana Micke von der MOZ!), konnte es passieren, dass ich auch in meiner Freizeit angesprochen und mit Texten versorgt wurde.
So auch geschehen im März/April 1997. Nach einem Punkkonzert im Café Olé entdeckte ich in meiner Jackentasche ein Gedicht ohne zuordenbaren Namen. Der Genuss psychedelischer Substanzen hatte wohl mein Gedächtnis getrübt und ich wusste nun nicht mehr, wie ich zu diesem kleinkarierten Zettel gekommen war. Dennoch nahm ich dessen Inhalt mit auf die Gedichtseite der ZIELSCHEIBE, Ausgabe 22, vom April 1997 und signierte mit dem zutreffenden Zu-Satz "Anonym, weil einfach so in meiner Jackentasche gefunden."
Im September 2007, also genau zehn Jahre danach, sprach mich zufällig die Verfasserin des besagten Gedichtes an und las mir gehörig die Leviten (vor). Dass dies das einzige Gedicht sei, welches sie jemals geschrieben habe, und so weiter. Zur Wiedergutmachung der erlittenen Qualen re-release ich nun "Tränen im Gesicht" mit dem von der Autorin gewünschten Pseudonym "Rote Welle". Ick hoffe, du freust dir!
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Foto: ehst.tick
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