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Freitag, 29. August 2008

Puschkins Märchen vom goldenen Hahn

Saß einmal, vor langen Zeiten,
Irgendwo im neunmalweiten
Zarenreich im Kreml drin
Der berühmte Zar Putin.
Einst, in seinen jungen Jahren,
Der gefürchtetste der Zaren,
Führt' er tapfer Streich auf Streich
Gegen manches Nachbarreich.
Als das Alter aber nahte,
Blieb er still in seinem Staate
Und beschloss, in Frieden nun
Nichts zu tun - als auszuruhn.
Doch die Nachbarn seines Reiches
Taten jetzt dem Zar ein Gleiches
Und bedrohten überall
Ihn mit Krieg und Überfall.
Und die Feldherrn mit dem Heere
Setzten wacker sich zur Wehre,
Stritten spät und stritten früh -
Doch vergebens war die Müh.
Stehn sie weit im Westen Posten,
Schlüpft der Feind ins Land von Osten...

Dienstag, 12. August 2008

Die Balkanisierung des Kaukasus

Das hatte sich der georgische Präsident Micheil Saakaschwili sicherlich ganz anders ausgemalt. Der starke Mann hatte das seit 15 Jahren anhaltende diplomatische Gesäusel satt und wollte nun mit Gewalt (und erhoffter Unterstützung der NATO) die Ordnung im Land wiederherstellen. Und zwar in den Grenzen, die einstmals von der Sowjetunion - sprich Russland - für Georgien festgelegt worden waren. Die Sowjetunion existiert nicht mehr, Russland und Georgien sind seit längerem selbständige Staaten.

Doch auch in Moskau regieren starke Männer mit knallharten Gesichtern. Wladimir Wladimirowitsch, ein Hijo de Putin von einem Ministerpräsidenten, sowie sein übergeordneter Untergebener Dimitri Medwedew haben den Befehl gegeben, Georgien zu überfallen, um die dortige russische Minderheit zu beschützen. Denn Moskau sieht sich als Anwalt der einst in den georgischen Provinzen Südossetien und Abchasien angesiedelten Russen. Das bedeutet KRIEG.

Der Kaukasus Knaxus

Am liebsten wäre es Putin und seinen Strategen, wenn sich das georgische Südossetien dem russischen Nordossetien anschließen würde. Damit verlangt Russland etwas, was es selbst verweigert: Autonomie im Kaukasus. (Der Kaukasus ist so etwas wie der Balkan, nur ohne Jugoslawen und Albaner.) Moskau hat seit Jahren Huddeleien mit seiner Kaukasusprovinz Tschetschenien. Die Tschetschenen wollen nicht mehr zum Russischen Reich gehören und machen hierfür auch schon mal einen auf Terrorismus. Längst vorbei sind die friedlichen Zeiten, da Puschkin dichten konnte:

Ja, wahrhaft schön, bewunderswert
ist ein Tschetschene hoch zu Pferd.
Ob müßig, bei der Arbeit Hitze,
nie trennt er sich von seiner Mütze.

Doch zurück zu Georgien. Das Land, das so lebensfroh klingt, weil es an Sweet Georgia Brown und an Orgien erinnert, hat in diesem Konflikt nur eine Chance - nämlich gar keine! Russland hat das Land schon fast komplett besetzt ("nur eine Militärübung") und kann nun seine Spielregeln diktieren. Wir dürfen uns auf viele, viele Jahre mit Nachrichten über Guerillakämpfe und georgischen Terrorismus gefasst machen, denke ich. Wie viele Menschen müssen denn da noch sinnlos sterben?

Moskaus Russentheorie

Aber das ist erst der Anfang. In der Ukraine leben rund 25 Prozent Russen, in Lettland sind es beinahe 40%. Auch in Deutschland lebt eine zunehmende Zahl von Russlanddeutschen, Deutschrussen, russischen Juden und echten Russen. Zum Beispiel in Berlin und Eisenhüttenstadt. Droht uns nun die Zwangseinführung des kyrillischen Alphabets in Form von Russisch Brot? Auch hier behält sich Moskau nach internen Meldungen das letzte Wort über den Minderheitenschutz und einen atomaren Erstschlag vor... Selbst Putins Busenkumpel, der Erdgasprommi Gerhard Schröder, dürfte davon nicht begeistert sein, hatte er doch in seiner Amtszeit den atomaren Ausstieg für Deutschland beschlossen...

Was - dumme Witze? Es herrscht Krieg, Leute! Was davon ist wirklich dumm?

Freitag, 8. August 2008

Die Linden Alley


"Es gibt nichts Schöneres als die Lindenallee, wenigstens nicht in Eisenhüttenstadt; für die Stadt bedeutet sie alles. Kaum betrittst du die Lindenallee, riecht es auch schon nach Bummeln. Du hast eine dringende Angelegenheit zu erledigen und betrittst sie - du vergisst jede dringende Angelegenheit. Hier ist der einzige Ort, wo die Menschen nicht aus Notwendigkeit erscheinen. Die Lindenallee ist das allgemeine Verkehrszentrum der Stahlinstadt. Der Bewohner der Werksiedlung oder des VI. Wohnkomplexes, der schon jahrelang nicht mehr bei seinen Freunden in Fürstenberg oder Schönfließ gewesen ist, kann sicher sein, sie hier zu treffen. Kein Adressbuch und keine Auskunftei liefern so verlässliche Neuigkeiten wie die Lindenallee. O allmächtige Lindenalley! Du einzige Zerstreuung der an Spazierwegen armen Stahlinstadt...

Hier werdet ihr einem einzigartigen Lächeln begegnen, einem Lächeln, über alle Kunst erhaben. Hier werdet ihr Leuten begegnen, die sich mit einem hohen Gefühl der eigenen Würde über ein Konzert auf der Freilichtbühne oder das Wetter unterhalten. Hier werdet ihr tausend unvollstellbaren Charakteren und Erscheinungen begegnen. Ihr glaubt, dass dieser Herr dort, der in einem vornehm geschneiderten Gehrock spazierengeht, sehr reich ist? Keine Spur! Er besteht einzig aus seinem Gehrock..."

Der diese poetischen Zeilen schrieb, heißt nicht Ben Kaden. Es war auch nicht euer ergebener Erzähler Andi Leser, nein, diese Zeilen schrieb Alexander Puschkins Zeitgenosse ("Sowremennik") Nikolas Gogol. Und das bereits 1835. Allerdings über den Petersburger Newskijprospekt und nicht über die Lindenallee, und das auch noch auf Russisch und nicht auf Deutsch.

Doch was liegt näher, in einer Stadt, deren breite Straßen an russische Städte wie Magnetogorsk, Saporoschje, Minsk oder eben an Petersburg denken lassen, für russische Literatur zu schwärmen! Die Pawlowallee lädt geradezu ein, sich mit einem Buch von Bulgakow, Samjatin oder Daniil Charms ("Puschkin oder Gogol" in Fälle) einzufinden und die Olympiade als Peking-Ente abzutun. Lassen wir das Fernsehen sein, was es zu sein vorgibt: ein Kamin, der nicht wärmt (bis auf die alten russischen Modelle von Raduga). Amüsieren wir uns lieber für eine Stunde oder zwei mit Bulgakows "Teufeliaden" oder Gogols "Mantel", denn wir alle kommen vom Mantel her.

Dienstag, 5. August 2008

Priesterkönig will in Ost-Deutschland in West-Tieren

Wie die Merkwürdige Oderzeitung in ihrer aktuellen Ausgabe mitteilt, drohen Eisenhüttenstadt demnächst Investionen in ungeahnter Höhe. Dies gehe aus einem Brief hervor, den Werner Reiner vor einigen Tagen erhalten habe. Der stellvertretende Bürgermeister unterbrach eigens seinen Sommerurlaub, um den Namen des neuen Großinvestors den versammelten Journalisten bekannt zu geben.

Es handelt sich hierbei um den sagenhaften Priesterkönig Johannes, der im Morgenmantel als eine Art Sultan herrsche und über ungeahnten Reichtum verfüge. Der Priesterkönig gedenke, im Osten Deutschlands eine Manufaktur zu errichten, die Blei in Gold verwandeln könne und umgekehrt. Als möglicher Standort käme auch Eisenhüttenstadt wegen seiner bereits bestehenden Stahlmanufaktur und seiner Nähe zum Oderstrom in Frage.

Erich Apitz, der bekannte Kartograf und Vorsitzende der Eisenhüttenstädter Fürstenvereinigung, gab sich gewohnt skeptisch. Er verwies auf die Erfahrungen der vergangenen Jahre. Schon einmal habe eine Investorengruppe aus dem Morgenland (Caspar, David & Friederich) die Einrichtung einer neuen Fabrik und die Schaffung unendlich vieler Arbeitsplätze versprochen und sich dann nicht mehr gemeldet. Wie schon damals sei auch diesmal die genaue Absenderadresse nicht bekannt. Die einen nennen den indischen Suppenkontinent als Sitz des Priesterkönigs, die anderen vermuten dessen Hauptstadt Bibrich in Äthiopien.

Der stellvertretende Bürgermeister Werner Reiner bleibt optimistisch. Er feile bereits an einem Antwortschreiben, welches er einem Handelsreisenden des indischen EKO-Eigners Mittal mitzugeben gedenke. "Immerhin ist der Priesterkönig einer der ältesten und mächtigsten Herrscher der Welt, wir sollten ihm vertrauen", sagte Reiner. Laut seinen eigenen Worten sind dem Presbyter Johannes 72 Könige tributpflichtig, mehr als 365 Völker leben in seinem Reich. Dazu gehören Skiapoden, Satyrn, Vampire, Giganten, Zyklopen, Hundsköpfige, Orks, Menschenfresser, Fischesser und Mitesser. Auch leben seltene Tiere dort: weiße Panther, schwarze Eisbären, rote Löwen, Greifen, Fangen, Gottesverflucherinnen, Schildkröten, die nie sterben, Rennpfeffer, Honigskorpione, Ollifanten sowie der sagenhafte Vogel Phönix. Und wenn sie nicht ausgestorben sind, so haben sie vielleicht niemals gelebt.

Freitag, 1. August 2008

Radiowahn Karachovic vor Gericht


Damit hatte nach über zehn Jahren wohl kaum noch jemand gerechnet. Am wenigsten er selbst. Sorbenführer Radiowahn Karachović, verantwortlich für den Genitiv an der Bevölkerung von Schiedlo und Hörnchen, kommt wegen Sabine-, Michaela-, Karl-Heinz-, Petra-, Burkhard- und Volkermord vor Gericht. Das verkündete der Chefankläger des Internationalen Gerichtshofs Den Reed.

Der gelernte KZ-Mechaniker und Kinderpsychologe (Abbildung dämlich) kämpfte 1995 um einen eigenständigen sorbischen Staat in der Lausitz. Hierbei war er durch besondere Grausamkeit in Erscheinung getreten und hatte unter anderem einen Waldbrand und zwei ganze Dörfer ausgelöscht. Das kleine Dörfchen Hörnchen, zwischen Fünfeichen und Möbiskruge gelegen, ist heute völlig von der Landkarte verschwunden und existiert nur noch in Flurnamen wie Hörnchenwiese, Hörnchenpfuhl und Eichhörnchen. Die Wüstung Hörnchen wurde inzwischen aufgeforstet und dient als Hutung. Auch das vormalige Afterlehen Schiedlo ist heute eine Wüstung.

Karachović stand lange Zeit unter General Verdacht, bis dieser durch eine Katzenstreubombe aus deutscher Produktion getötet wurde und Karachović dessen Posten übernahm. Der Kleinkrieg des Sorbenführers hatte seinerzeit die deutsch-polnischen Beziehungen arg belastet, denn Karachović operierte von geheimen Stellungen in Rampitz und Kloppitz jenseits der Neiße. Mitte Juli war Karachović auf deutscher Seite in Bombsdorf festgenommen worden, wo er sich seit mehreren Jahren unter dem Pseudonym Milos Milošević als Züchtiger von Heidschnucken verdingte.

Foto: Ben Nemsi