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Samstag, 27. März 2010

E.i.h.ü.: Brandenburg an der Havel


Da habe ich vor einigen Tagen gleich drei Einträge über Neubrandenburg bzw. Neu-Neubrandenburg gepostet und dabei kein einziges Wort über das Original verloren. Nicht nur am Tollensesee stehen tolle Fünfzigerjahrebauten, nein, auch an der Havel wurde gezuckerbäckert. Als bildlichen Einstieg wähle ich hier+heute ein ostiges Wandbild und das aus gutem Grund. Wer mit dem Zug nach Brandenburg düst - es ist der RE1 - dem "wändet" (hier: von Wand) die Stadt diese Seite zu. Ein Plattenbau (von dem mir nicht klar ist, ob er noch steht, denn er war letztes Jahr, als dieses Foto entstandt, gut eingezäunt) zeigt ein überdimensionales Weibsbild. Es ist "Die Stahlarbeiterin", einziger Farbtupfer in einer ansonsten von grauen Männern dominierten Arbeitsumgebung. Richtig, Brandenburg war einst Stahlstadt und durch das Bandstahlkombinat Hermann Matern mit Eisenhüttenstadt verbunden.


Dringt der spazierende Betrachter dann tiefer in die Stadt ein und verliert sich im Häuserlabyrinth, als das sich jede unbekannte Stadt ohne Stadtplan erweist, außer es handelt sich um eine Planstadt, wird er früher oder später das Haus der Sonne sehen. Lass die Sonne an dein Haus, so singt's der Wind in Brandenburg. Ob die Bewohner ein sonniges Gemüt besitzen? Wir wollen nicht gleich von der äußeren Hülle auf den Charakter eines Menschen schließen, aber schön wär's doch.


Irgendwann überquert der Stadtläufer die Havel und landet in der ursprünglichen Altstadt von Brandenburg, zumindest muss hier die mittelalterliche Keimzelle gewesen sein. Ein Andi Leser fühlt so etwas - die gotischen Kirchen verraten es mir. In der Nähe eine dieser Kirchen, genauer gesagt: am Paulikloster, das heute als Archäologisches Landesmuseum dient, entdeckte ich ein kleines Eisenhüttenstadt. E.i.h.ü. - Eisenhüttenstadt ist halt überall. Die Bauten aus den 1950er Jahren sind mittlerweile schick saniert und sehen aus wie Spielzeug oder Kulisse und mir fällt's wieder ein: Früher, als alle diese Bauten noch nicht modernisiert waren, trauerten sie DDR-weit in einem einheitlichen Grau-Braun (=Graun), so dass sie sich noch ähnlicher sahen und der Dejavu-Effekt stärker.

Ein Traum von mir war es immer einen Film zu drehen, in dem alle diese Bauten vom Beginn der Fünfziger Jahre als ebendas dienen: als Kulisse. Im Film sollte der Zuschauer aber nicht mehr sehen können, in welcher Stadt die Handlung abläuft, denn all die Hausdurchgänge, Pilaster, Säulen und Ornamente ergeben einen virtuellen Stadtraum. Das ist die Grundidee, die Handlung war mir damals nicht ganz klar und wird es auch nicht mehr werden, denn die Bauten sind mittlerweile nicht mehr graun sondern positivgelb oder papyrusweiß oder rosaparks inmitten von Autoparkplätzen. Vielleicht mach ich's ja doch irgendwann, einen melancholischen Streifen in Schwarzweiß, da dominieren die Farbsünden nicht allzu sehr. Von E.i.h.ü. in Brandenburg gibt es leider nur dieses eine Bild - mein Speicherchip war bereits voll und kein Löschkandidat mehr übrig.


Dieses Foto habe ich zuvor geknipst, präsentiere es aber zum Abschluss, denn es enthält die Abschiedsbotschaft: IFA wieder heim. Tschüß Brandenburg! Hallo Berlin!

Fotos: Vier Stück

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